Donnerstag, 21. Juli 2011

Krokodilstränen

 

Hallo Welt,

beim Aufstehen fallen mir die Schmerzen und die Blutreste gar nicht auf. Mir nicht und auch keinem anderen. Erst als ich mich dusche und sich das Wasser rot verfärbt, fällt mir auf, dass etwas nicht stimmt. Noch bevor ich mit beiden Händen in mein Haar greife um nachzusehen ob sich meine schlimmste Befürchtung bewahrheitet, sehe ich die Kratzspuren an meinen Fussgelenken. Ich schalte das Wasser aus, ziehe die Finger aus den Haaren und gefühlt das gesamte Haar mit. Es sind so viele Haare an meinen Fingern und so viel Blut dass ich unbewusst zu weinen beginne, dann beruhige ich mich wieder. Wasche meine Kopfhaut, die Handgelenke und die Füsse so lange mit Wasser, bis es wieder diese leicht torfige Farbe hat, die das Wasser in Schottland haben muss.
Dann geht es mir langsam besser, obwohl ich weiss, dass es nur ein weiterer Schritt ist, mit dem mein Unterbewusstsein versucht mir etwas mitzuteilen, was ich auch nach Monaten nicht zu verstehen scheine. Ohne mein Zutun kratze ich mir in der Nacht Handgelenke, Fussknöchel und die Kopfhaut auf. Wo die Kopfhaut aufgekratzt ist, fallen die Haare aus, ein logischer Prozess.
Vielleicht sollte ich mit einer Mütze schlafen, Socken, Handschuhe. Aber während ich das denke, hat mich die Depression schon wieder zurück. Ich fühle mich wie ein Alkoholiker mit Rückfall, wasche mich noch einmal und frage dann nach einem Pflaster für die schlimmste Stelle am Fussgelenk.
Mein ganzer Körper brennt und ich fühle mich wie eine Fremde in dieser Hülle, die ich eigentlich gar nicht will. Dieser kaputte, sich selbst zerstörende Körper. Es ist der Stress sage ich mir, ich kratze mich nur im Stress. Aber dann überlege ich, dass ich gerade im Urlaub bin. Im Urlaub, wo der Stress eigentlich weg sein sollte. Anscheinend ist er das nicht.
Anscheinend sind mein Stress, meine Depression, die Ungewissheit, die Angst immer da, egal wie weit ich vor ihnen weglaufe. Egal wohin und mit wem ich gehe, irgendwo, in einer kleinen Ecke meiner Selbst sind sie immer, bereit dazu zuzuschlagen. Und immer wenn einer davon zuschlägt zieht er mir den Boden unter den Füssen weg. Ich befinde mich in einer Schwerelosigkeit, einer Schwebe, die ich nicht durchbrechen und aus der ich auch nicht fliehen kann. Ich will bloss noch weg.


Abgesehen von meinem unschönen Start in den Tag und den daraus resultierenden Depressionen war der Tag wunderschön, wir sind zum Loch Ness gefahren, haben das Monster gesucht, das Schloss direkt am See besucht und danach noch einige Visitor Centre's. Wir haben Steine gesammelt, Muscheln angeguckt, sind quer durch Inverness nach Dingwall gefahren um dort einzukaufen.
 Hier in Schottland gibt es so unheimlich viele unheimlich schlecht gekleidete Menschen und es sind nicht zwangshaft die Schotten die so schlecht gekleidet sind. Es ist als würde Schottland als solches Menschen ohne Geschmack anziehen. Ein riesiger Magnet für Leute denen Mode oder zumindest passende Farben Fremdwörter sind.
Die Landschaft die wir heute gesehen haben war trotzdem unheimlich, unwiderstehlich schön! Wild, Frei. Unabhängig.
Ich wünsche ihr könntet es sehen und spüren wie mir die Luft und der Wind hier die Depression ein Stück weit nehmen, sodass ich sie ohne Probleme selbst tragen kann.

Bis bald

Was keiner von mir wissen wollte
15.- Ich stecke meine kalten Füsse gerne unter die Warmen von jemand anderem.

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