Mittwoch, 31. August 2011

Gewalt wird neue Gewalt gebären.



Hallo Welt.

Jetzt habe ich schon wieder eine ganze Weile nicht mehr gebloggt. Die Schule ist ereignislos, der Haarausfall dauert an. Die Therapie wird von Depressionen begleitet.
Letzten Mittwoch hatte ich das Gespräch mit meiner Klassenlehrerin, wir haben gute 60 Minuten geredet, sie hat nun eine E-Mail an die anderen Lehrer geschrieben, ihr schlussendliches Fazit dieses Gesprächs: 

„Lycia, so wie ich sie bisher erlebt habe, entspricht nicht gerade meinem Bild eines depressiven, bedrückten Menschen. Im Gegenteil: Sie engagiert sich im Unterricht, ist kontaktfreudig und spricht gewandt und sicher. Darum hätte ich ohne ihre Informationen allfällige Symptome ihrer Krankheit wohl leicht missdeuten können.“

Ich weiss nicht ob mich solche Aussagen glücklich, oder traurig machen sollen. Bin ich schon so gut geworden? So gut darin allen ins Gesicht zu lügen? Aus Angst? Aus Scham?
Verschliessen sie die Augen, oder wollen sie einfach nicht sehen, dass ein Lachen nicht immer Fröhlichkeit ausdrückt? Oder belüge ich mich mittlerweile wenn ich unter anderen Leuten bin so gut, dass ich selbst glaube ich sei glücklich?
Die Therapie heute hat mir einen dicken Strich durch diese Rechnung gemacht. Ich schaffe es wohl doch nicht allein, ich kann mich wohl doch nicht davon überzeugen, dass ich glücklich bin. MAO-Hemmer, Anti- Depressiva, 'Fröhlichkeitstabletten', Serotonin-Wiederaufnahmehemmer. Schon wieder. Ich erinnere mich wie stolz ich war, als ich endlich jemandem ins Gesicht sagen konnte 'die einzige Tablette die ich noch nehme ist die Anti-Baby-Pille' und jetzt? Bin ich an dem Punkt wo ich es wieder nicht alleine schaffe? An dem Punkt wo ich wieder zu dieser emotionslosen Person werde? Diese ganzen Fragen fangen an mich von innen aufzufressen. Immer mehr scheint sich mein Leben in sich selbst im Kreis zu drehen und nirgends ein Ausgang aus diesem Wahnsinn.

Die Tabletten die ich nehmen soll, damit ich mich aus diesem Loch rausbewegen haben eine längere „Nebenwirkungen“ - Liste als die der Wirkung. 'Schlaflosigkeit' – 'Schwindel' – 'Appetitlosigkeit' – 'Schwäche' – 'Nervosität' – 'Muskelkrämpfe' – 'Haarausfall' Nur einige der möglichen Nebenwirkungen in den ersten Tagen. Eine Liste die mit dem Schlimmsten endet. Wie wäre es zur Abwechslung zum 'natürlichen' Haarausfall mit etwas Nachhilfe? Dann kriegt Lycia vielleicht bald doch eine Glatze.

Ich möchte jemanden schlagen, jemanden hassen, jemandem wehtun. Aber am Ende richtet sich auch das wieder nur gegen mich selbst. Ich bin eine Gefangene in meinem eigenen Körper. Vergewaltigt von meinem eigenen Geist. Irgendwo auf der Welt verhungern Kinder. Jeden Tag, es sterben Menschen, werden gefoltert, haben 'echte' Krankheiten. Aber die Depression lässt mich das alles nicht sehen. Sie will mich beherrschen, mit mir verfügen wie es ihr beliebt. Ob ich ihr mit diesen Tabletten als hundertsten 'letzten Ausweg' entkomme? Irgendwie glaube ich nicht mehr daran. Ich bin so oft gescheitert in einem Kampf der für keinen anderen sichtbar ist. 'Es ist ja nicht so schlimm.' Wenn man nicht selbst weiss, wie es ist, wenn einen die Bilder von Ereignissen die man nie verarbeitet hat überfluten, wenn man die Augen schliesst. Wenn man das nicht realisiert, ja dann scheinen solche Worte einfach zu sein. 'Es wird schon' und wenn nicht? Wenn ich von dieser Krankheit die in meinen Genen sitzt wie ein Tumor, irgenwann aufgefressen, beherrscht und verdrängt werde, was wird dann wieder gut? Darauf hätte ich gerne einmal eine Antwort?
Was wird wieder gut?
Sag mir, was wird wieder gut? Und bitte. Bitte mach mich glücklich.




Was keiner von mir wissen wollte:
19.- Ich hasse das Wort 'Schweiss'

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