Mittwoch, 11. Juli 2012

Ainariel.


Es war ein kalter, glückloser Tag, die Bäume hatten ihre Blätter abgeworfen und standen nackt und eng beieinander. Wie tot erschien der Wald jenseits des Schattengebirges. Still und melancholisch lag die Gegend da. Bis ein leises Knacken zu hören war, als ein filigraner Ast unter den Schuhsohlen einer Person zerbrach, die in diesen Momenten durch den Wald strich. Das leise Wispern der Blätter in den Bäumen hatte sie gerufen, ihr ihre Sehnsucht nach Rache zugeflüstert. Das Feuer in ihr wieder angefacht. Die Augen waren kalt auf den Boden gerichtet. Wut und Trauer um Vergangenes, mischten sich zu einem ungewohnten Gefühl, welches tief in ihrer Bauchgegend nistete. Sie strich gedankenverloren über die aufgebrochene Rinde eines Baumes. Das raue Holz streichelte ihre Fingerspitzen, wie ein längst vergessener Freund, schmiegte es sich in ihre Hand. Nur einen Moment kniete sie sich hin, den Kopf gegen den Baumstamm. Einen Moment völliger Abgeschiedenheit von der Welt, es gab nur sie und ihren alten, verlorenen Freund. Erst als das leichte Kitzeln, von Insektenbeinen über ihre Haut strich blickte sie auf. Ein Borkenkäfer sass auf ihrer Handfläche. Schwarz und bösartig. Mit einem Ruck riss sie ihm den Kopf ab und zerdrückte seinen Leib genüsslich zwischen ihren feinen Fingern. Gelbes Blut lief ihr Handgelenk hinunter, ja, man erzählte sich viele Geschichten über ihr Volk. Sie seien grausam und unerbittlich. Wütend, zerstörerisch und doch voller Liebe für die Kunst. Erzählte sich sie seien unsterblich, unbesiegbar und unerreicht in ihrer Schönheit. Und in abgelegenen Gegenden hiess es sogar, sie brächten den Tod. Zu viele von diesen Geschichten waren nicht mehr als Hirngespinste von den Menschen, und kamen ihr nur zurecht. Sie schnippte den leblosen Käfer von ihrer Fingerspitze, blickte noch einen Moment lang das gelbe, zähflüssige Blut an und stand dann mit einem abrupten Ruck auf, strich sich das Haar aus der Stirn und setzte ihren Weg fort. Vor ihr schimmerte das helle Licht des Waldrandes. Es war nicht mehr weit bis zur Zivilisation

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